Peptidrezeptor-vermittelte Radionuklidtherapie (PRRT) in der Klinik für Nuklearmedizin am UKS

Eine spezielle Form der Behandlung von Neuroendokrinen Tumore, auch als NET bezeichnet, ist die Peptidrezeptor-vermittelte Radionuklidtherapie oder kurz PRRT. Diese führen wir in der Klinik für Nuklearmedizin am UKS durch. Bei der Therapiemethode machen wir uns die Eigenschaft bestimmter Krebszellen zu nutzen, die eine erhöhte Anzahl an spezifischen Peptidrezeptoren auf ihrer Oberfläche vorweisen.

Das Grundprinzip der PRRT basiert darauf, dass ein spezielles, radioaktiv markiertes Molekül – ein sogenanntes Radiopharmakon – verwendet wird, das sich gezielt an diese Peptidrezeptoren auf den Krebszellen bindet. Das Radiopharmakon besteht typischerweise aus einem Peptid oder Protein, das einen spezifischen Rezeptor auf der Krebszelle erkennt, sowie einem radioaktiven Isotop, das Strahlung abgibt. Durch die Bindung des radioaktiv markierten Peptids an die Krebszellen wird die Strahlung direkt an die Tumorzelle abgegeben. Die Strahlung kann dann die DNA der Krebszellen beschädigen und letztendlich zum Zelltod führen.

Was sind neuroendokrine Neoplasien oder Tumore (NEN oder NET; alt: Karzinoid)?

Neuroendokrine Tumore sind seltene Tumore, die sich aus hormonbildenden Zellen entwickelt haben und oft selbst in der Lage sind, Hormone zu produzieren. Im Schnitt erkrankt rund 0,5 bis einer von 100.000 Einwohnern pro Jahr. Wodurch hormonbildende Zellen veranlasst werden zu entarten, ist weitgehend unbekannt. Meistens bilden sich NET im Verdauungstrakt wie Magen, Dünndarm, Dickdarm und Bauchspeicheldrüse, aber auch oft in Lunge, Schilddrüse und Thymus. Häufige Symptome sind Durchfälle, anfallsartiges Erröten und Schwitzen, bekannt als Flush, sowie Asthma, zurückzuführen auf die Eigenschaft des Tumors, selbst Hormone zu produzieren. Neuroendokrine Tumore zeichnen sich durch langsames Wachstum aus, wodurch sie häufig erst spät im menschlichen Körper Symptome verursachen. Rechtzeitig erkannt und behandelt, können die Karzinoide jedoch vollständig geheilt werden.

Wie funktioniert die Peptidrezeptor-vermittelte Radionuklidtherapie?

Wenn möglich, sollte ein neuroendokriner Tumor zuerst operativ entfernt werden. Ist eine Operation nicht möglich, gibt es andere Behandlungsmethoden wie die Peptidrezeptor-vermittelte Radionuklidtherapie (PRRT).

Man hat herausgefunden, dass Karzinoidzellen viele Somatostatin-Rezeptoren auf ihrer Oberfläche haben. Diese Rezeptoren sind spezielle Stellen, die normalerweise Signale in gesunden Zellen empfangen. Die PRRT nutzt diese Eigenschaft der Karzinoidzellen aus.

Für die PRRT werden Peptide (kleine Eiweißmoleküle) mit einem radioaktiven Stoff, meist Lutetium-177, verbunden. Lutetium-177 hat eine Halbwertszeit von 6,7 Tagen und sendet Betastrahlen und Gammastrahlen aus. Die Betastrahlen wirken therapeutisch und zerstören die Krebszellen. Sie haben nur eine sehr kurze Reichweite von wenigen Millimetern, sodass die Strahlung hauptsächlich auf die Krebszellen beschränkt bleibt. Die Gammastrahlen verlassen den Körper und ermöglichen es, die Verteilung des radioaktiven Stoffs im Tumor mit einer speziellen Kamera (Gammakamera) zu verfolgen.

Aufgrund strahlenschutzrechtlicher Vorgaben ist die PRRT mit einem stationären Aufenthalt in der Klinik für Nuklearmedizin am UKS verbunden. Der Standardaufenthalt dauert fünf Tage.

Für welche Patienten ist die PRRT die geeignete Therapieform?

Grundsätzlich kann jede Patientin oder jeder Patient mit einem nicht operierbaren neuroendokrinen Tumor (NET) für die PRRT in Frage kommen. Die Entscheidung über die Eignung wird in interdisziplinären Tumorkonferenzen getroffen. Hier arbeiten verschiedene Fachgebiete zusammen, darunter Innere Medizin, Gastroenterologie, Onkologie, Chirurgie, Radiologie, Pathologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin.

Anhand der vorliegenden Untersuchungsbefunde, einschließlich CT, MRT und PET/CT, wird gemeinsam beraten, welche Therapie die bestmögliche für die betroffene Person ist.

Wie müssen Sie sich auf die Untersuchung in der Klinik für Nuklearmedizin am UKS vorbereiten?

Um eine Besetzung der Somatostatin-Rezeptorstellen mit dem oft verwendeten Medikament Sandostatin zu vermeiden, sollte dieses bis zu sechs Wochen vor Therapiebeginn abgesetzt werden.

Essenziell für die Durchführung einer Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie ist der Nachweis von ausreichenden Somatostatin-Rezeptorstellen auf den Tumorzellen. Aufschluss darüber erhalten wir durch die Durchführung einer 68Ga-DOTA-Octreotat-PET/CT, mit der der Haftstellenbesatz an den Tumorzellen festgestellt wird. Zugleich werden eine umfassende Labordiagnostik und eine nuklearmedizinische Nierenfunktionsprüfung durchgeführt.

Wie läuft die Peptidrezeptor-vermittelte Radionuklidtherapie ab?

Sie werden am Vortag der Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie auf die Therapiestation RN-01 in der Klinik für Nuklearmedizin am UKS aufgenommen. Bitte bringen Sie einen aktuellen stationären Einweisungsschein mit, den Ihnen Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt ausstellt. Am Vortag werden die Untersuchungen zur vorbereitenden Diagnostik durchgeführt.

Am Therapietag erhalten Sie im Vorfeld der Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie Medikamente gegen Übelkeit und einen Magensäurehemmer. Begleitend bekommen Sie eine Infusion mit einem Medikament zum Schutz Ihrer Nieren. Anschließend erfolgt die eigentliche Behandlung, wobei Ihnen das radioaktiv markierte Arzneimittel intravenös über eine Infusion über rund 30 Minuten verabreicht wird. Die Durchführung findet in ständiger Anwesenheit von Pflegepersonal und der Stationsärztin oder dem Stationsarzt statt.

Nach erfolgtem Abschluss sollen Sie ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Radioaktivität, die nicht an die Tumorzellen gebunden wurde, möglichst schnell wieder auszuscheiden. Dadurch kann die Strahlenexposition Ihrer Nieren verringert werden. Zudem erfolgen während Ihres stationären Aufenthalts mehrfach diagnostische Szintigrafien mit der Gammakamera, um die im Tumor erreichte Speicherung des Radiopharmakons zu dokumentieren.

Wie läuft der weitere stationäre Aufenthalt ab?

Der stationäre Aufenthalt dauert insgesamt fünf Tage. Sie werden üblicherweise an einem Mittwoch aufgenommen und am Montag der darauffolgenden Woche entlassen.

Nach erfolgter Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie verbleiben Sie für 24 Stunden im Kontrollbereich, das heißt auf der Station RN-01. Freitag erfolgen dann eine Messung der in Ihrem Körper verbliebenen Restaktivität sowie szintigrafische Aufnahmen mit der Gammakamera zur Verteilung des Radiopharmakons in Ihrem Körper.

Danach dürfen Sie die Station für einen Spaziergang oder ein Treffen mit Ihren Angehörigen verlassen.

Sie müssen mindestens 48 Stunden nach erfolgter Peptidrezeptor-vermittelter Radionuklidtherapie auf der Therapiestation verbleiben. Entlassen werden können Sie, sobald die Radioaktivität in Ihrem Körper einen vom Gesetzgeber vorgegebenen Grenzwert unterschritten hat. Am Tag der Entlassung wird zunächst eine Messung der in Ihrem Körper verbliebenen Radioaktivität durchgeführt. Im Anschluss daran erfolgen die abschließende diagnostische Szintigrafie und ein Abschlussgespräch mit der Stationsärztin oder dem Stationsarzt.

Gibt es Nebenwirkungen bei der Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie?

Meistens wird die PRRT sehr gut und ohne wesentliche Nebenwirkungen von der Patientin oder dem Patienten vertragen. Gelegentlich kann es zu folgenden Begleiterscheinungen kommen:

  • Müdigkeit
  • Übelkeit
  • Kreislauf- und Atembeschwerden
  • Flush-Symptomatik
  • abdominellen Beschwerden kommen.
  • Blutbild-Veränderungen
  • geringfügige Funktionseinschränkungen der Leber und Nieren

Diese meisten Beschwerden lassen sich medikamentös gut behandeln.

Wie oft wird die PRRT durchgeführt?

Die PRRT erfolgt in der Regel in vier einzelnen Zyklen im Abstand von jeweils zwei bis drei Monaten. Dadurch können wir die mögliche Therapieaktivität schonender verabreichen. Vor jedem Therapiezyklus wiederholen wir die oben beschriebenen Vorbereitungen, die dafür notwendig sind.

Welche Nachsorge ist nach PRRT erforderlich?

Nach Peptidrezeptor-vermittelter Radionuklidtherapie sollte alle 14 Tage bei der Hausärztin oder dem Hausarzt oder auch der behandelnden Onkologin oder dem Onkologen eine Überprüfung des Blutbilds, der Leber- und Nierenfunktion erfolgen.

Ungefähr zwei bis drei Monate nach Abschluss der vier Zyklen wird eine PET/CT-Diagnostik mit 68Ga-DOTA-Octreotat zur Beurteilung des Therapieerfolges in unserer Klinik für Nuklearmedizin am UKS durchgeführt.

Die Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie ist ein Verfahren zur gezielten Tumortherapie. Mittels einer Infusion können alle vom Tumor befallenen Regionen im Körper gleichzeitig erreicht und von innen bestrahlt werden. Sie stellt damit eine nebenwirkungsarme und vielversprechende Therapieoption bei neuroendokrinen Tumoren dar.

Für Fachkreise: Fallbeispiele PRRT

Report über die PRRT

Weiterführende Infos

Unsere Publikationen hierzu
Wissenschaftliche Publikationen über neuroendokrine Tumoren und PRRT 

Erfahrungsbericht
„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Netzwerk NeT e.V.
Informationen rund um das Thema Neuroendokrine Tumoren über das Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e.V. unter

 www.netzwerk-net.de

 

Klinische Phase-III-Studie COMPETE

Diese klinische Studie untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit der zielgerichteten Radionuklidtherapie mit 177Lu-Edotreotid (Solucin) bei Patientinnen und Patienten mit neuroendokrinen Tumoren gastroenterischen oder pankreatischen Ursprungs (GEP-NET). Für weitere Informationen sprechen Sie uns gerne an oder informieren Sie sich unter

www.compete-clinical-trial.com

Infobroschüre zur Studie