Adipositasambulanz
In Deutschland sind zwei Drittel (67%) der Männer und die Hälfte (53%) der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2), 23% der Männer und 24% der Frauen sind bereits adipös (BMI ≥ 30 kg/m2), 2,8 % der Frauen und 1,2 % der Männer haben eine Adipositas Grad III (BMI ≥ 40 kg/m²).
Adipositaschirurgische Verfahren stellen evidenzbasiert derzeit eine hocheffektive Therapieoption für Patienten mit Adipositas und Adipositas-assoziierten Komorbiditäten durch signifikante und langfristige Gewichtsreduktion dar. Leitliniengemäß besteht ihre Indikation nach Ausschöpfung einer konservativen, multimodalen Therapie ab einem BMI ≥ 40 kg/m² oder ab einem BMI ≥ 35 kg/m² mit einer oder mehreren adipositasassoziierten Begleiterkrankungen.
Erwachsene mit Adipositas haben eine niedrigere Lebenserwartung und ein erhöhtes Risiko für eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfall, Fettleber, verschiedene Krebsformen, Schlafapnoe), aber auch für psychische Belastungen.
Bis zu 50% der adipositaschirurgischen Patienten weisen behandlungsbedürftige Erkrankungen auf, darunter Depressionen, Angststörungen, Binge-Eatinge-Störungen (bis zu 25%) und Persönlichkeitsstörungen. Diese können den postoperativen Verlauf negativ beeinflussen, z.B. durch unzureichenden Gewichtsverlust oder Rückfälle dysfunktionaler Essmuster.
Psychosomatische Evaluation & Nachsorge
Adipositaschirurgische Eingriffe erfordern daher eine umfassende psychosomatische Evaluation und strukturierte Nachsorge, um langfristig Gesundheitsrisiken zu reduzieren, Erfolge zu sichern und die Lebensqualität der Patienten nachhaltig zu verbessern.
Eine psychosomatische Evaluation erfolgt in mehreren Schritten und orientiert sich an den Empfehlungen der geltenden Leitlinien und aktuellen Fachstandards.
- Klinisches Interview (ausführliches Gespräch, lebensgeschichtlich relevante Ereignisse, Übergewichtsentwicklung, psychische Krisen, Traumata, Erkrankungen, soziale Unterstützung, berufliche Belastungen)
- Standardisierte Fragebögen
- Sichtung vorhandener Befunde (psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlungen)
- Motivations- und Erwartungsabklärung, bisherige Bewältigungsmechanismen und Compliance
- Einschätzung der die Adipositas auslösenden sowie aufrechterhaltenden Faktoren
Präpoperative Risikostratifizierung
Bestimmte psychische Störungen erhöhen das Risiko postoperativer Komplikationen und bedürfen VORAB einer suffizienten Behandlung:
- Emotional instabile Persönlichkeitsstörungen
- Aktive Essstörung, wie z.B. die Bulimia nervosa
- Schwere psychiatrische Vorerkrankungen (z.b. Suizidversuche in der Anamnese)
- Abhängigkeitserkrankungen (insbesondere Alkoholabhängigkeit)
Nach Abschluss der Evaluation wir ein schriftliches Gutachten erstellt, das die Ergebnisse zusammenfasst und ggfl. Empfehlungen für eine Vor- und Weiterbehandlung sowie eine indizierte psychosomatische Nachbetreuung ausspricht. Innerhalb des multiprofessionellen Adipositasteams wird gemeinsam über die Einschätzung und Eignung des Patienten / Patientin für den geplanten Eingriff im Konsens entschieden.